Maria war nicht der Typ für eine heutige Casting-Show – Gottesdienst zum 4. Advent mit Pfr. Claudia Sommerauer

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Am 4. Advent hielt in der Christuskirche Viechtach Pfarrerin Claudia Sommerauer den Gottesdienst.

Schon der Name Sommerauer macht neugierig. Pfarrer Sommerauer, besonders bei den Älteren bekannt mit seinem „Wort zum Sonntag“ im Fernsehen, war ihr Schwiegervater.
Claudia Sommerauer, Fachtherapeutin für Psychotherapie und Heilpraktikerin, war 20 Jahre Krankenhauspfarrerin an der Uniklinik in Großhadern und hat seit 14 Jahren in München und hier im Bayrischen Wald in Tafertsried/Gotteszell eine psychotherapeutische Praxis . Dort behandelt und begleitet sie Erwachsene und Kinder. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit sind Frauen, Kinder, Familien, die durch Schwangerschaft und/oder Geburt belastet oder traumatisiert sind.
In ihrer Predigt – bezugnehmend auf den Lobgesang der Maria aus dem Lukasevengelium – richtet die Seelsorgerin den Fokus zunächst auf Maria.
Maria war eine ganz einfache junge Frau 

Eine junge Frau aus Nazareth, die überhaupt nicht herausragte gegenüber den anderen. Nichts besonderes habe sie geleistet, sie sei nicht außergewöhnlich klug oder fromm oder schön oder reich. gewesen. Und doch habe sie erlebt: Gott hat Großes an ihr getan. Und so habe sie ihr geradezu revolutionäres Lied von der von Gott angesehen, erhobenen „niedrigen Magd“ gesungen.

In den vielen Bildern werde Maria gern dargestellt als die sanftmütige junge Mutter, ganz und gar auf das Kind ausgerichtet. Ihr Lied dagegen komme selbstbewusst daher: Gott erhebt die Niedrigen!

In unserer christlichen Tradition spiele Maria als die „Gottesmutter“ oder auch „Gottesgebärerin“ eine große Rolle. 
„Viele Mütter der Welt identifizieren sich mit ihr, die unter so schwierigen Umständen gebären muss und ihr Kind schützen will. Eine Mutter, die irritiert ist über den Jugendlichen, der im Tempel lehrt.
Die um den Sohn ringt, wenn sie mit seinen Geschwistern vor der Türe steht und erduldet, wie Jesus ihr eine Abfuhr erteilt. Die bis zuletzt bei ihm bleibt und auch unter dem Kreuz mitleiden wird. Die Pietá, Maria mit dem toten Sohn im Arm, sie ist weltweit und durch die Jahrhunderte ein Sinnbild mütterlicher Liebe.“

 

In der Weihnachtsgeschichte kommen keine Erfolgstypen vor 

Die Predigerin schlägt nun den Bogen weiter zu all den Personen, die in der Weihnachtsgeschichte präsent sind. Es sei wahrhaftig keine Elitetruppe gewesen, die hier versammelt war! Bei jeder Castingshow wären sie wohl durchgefallen. Josef –  in der Geschichte eher als Randfigur angesehen, sei nicht gerade der Gewinnertyp gewesen, ebenso die Hirten, Menschen, die um ihre tägliche Existenz ringen mussten.

Hier zog Claudia Sommerauer eine Parallele zu Menschen aus unserem Alltagsleben, Erfolglose, Arbeitslose, Ausgegrenzte. „Keine Lichtgestalten der Kino Glamour Glitzerwelt!“ Sie und gerade sie würden von dem liebenden Gott angesehen und erhoben. Und all die Reichen, die Gewinner und Erfolgreichen? Auch sie seien nicht ausgeschlossen, wenn sie nur ihr Augenmerk auf  Gott als ihren Helfer richteten. 

In der Geschichte des Christentums setze sich, so die Pfarrerin, die Reihe der nicht perfekten Auserwählten Gottes fort. Petrus, der Jesus aus Angst verleugnet habe, wurde einer der führenden Apostel. Maria Magdalena mit ihrer zweifelhaften Vergangenheit sei wegen ihrer Glaubenstreue in aller Welt und durch die Jahrhunderte in Erinnerung geblieben. Paulus, einstmals Christenverfolger, habe trotz seiner körperlicher Einschränkungen das Evangelium über das Mittelmeer nach Europa gebracht.

Gottvertrauen

Das Wunderbare am Christlichen Glauben sei, dass niemand für den Christlichen Glauben und seine großartige Botschaft zu gering sei. Gott wisse etwas vom Leid des Lebens, des Alltags, von Schmerz und Trauer. „Gerade deshalb können wir uns diesem Gott anvertrauen. Gott schickt nicht Leid. Gott weiß selbst um Leid und Kummer und gibt uns die Kraft, damit zu leben.“

Mir geschehe wie du gesagt hast“, habe Maria zu dem Engel Gabriel gesagt. So werde sie zum Sinnbild von Gottvertrauen.
Josef habe inmitten seiner Zweifel mit Blick auf all die problematischen Umstände zu Maria als seine Frau gestanden und seiner Intuition, seinem Traum, vertraut und floh vor dem mordenden Diktator Herodes nach Ägypten.
Die Hirten hätten nichts vorzuweisen gehabt. Aber sie vertrauen der Botschaft von den Engeln. 

„Es wird nicht sofort alles besser für die Protagonisten. Kein Geldregen kommt über sie, ein Happy End ist nicht in Sicht. Und doch ändert sich ihr Lebensgefühl:  Sie vertrauen und in der Folge erfahren sie: Gott ist da. Gott sieht sie, sieht sie an, wie er Maria gesehen und angesehen hat.
Sie werden zu angesehen Menschen.

 

Marias Lied weitersingen 

Wir Heutigen seien nun die, die sich öffnen können für Gottes Hoffnung. Wir seien die, die das Lied der Maria weitersingen und dafür Sorge tragen mögen, dass Gottes Liebe Wirklichkeit werde  – wie lang es auch dauern möge, wie klein die Schritte dazu auch seien, wie viele Rückschläge es auch bedeuten möge.

„Wir können einen Teil dazu beitragen, dass eine Spur gelegt wird vom Frieden Gottes schon jetzt in dieser Welt. Jesus begegnet uns in Menschen, denen wir begegnen. Die müssen nicht toll, besonders gut oder schön sein. Es können durchaus oder gerade auch Ausgegrenzte, Kranke, Schwache, Fremde, Verachtete, Menschen mit Behinderung oder schwierige Menschen sein. In ihnen ist Gottes Liebe anwesend.“

Mit dieser ergreifenden Predigt konnten die Gläubigen mit einem Gefühl von Glaubensmut und Glaubenskraft den Weg vom 4. Advent nach Weihnachten und weiter gehen.

Die Orgel spielte Petra Grössl-Schneider.

Bei dem Lied von Jochen Klepper „Die Nacht ist vorgedrungen“ gab Claudia Sommerauer eine kurze Erklärung ab zur damaligen antisemitischen Situation, wo die Familie von Jochen Kleppers Frau deportiert und ermordet wurde.

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